Seine zweite Prüfung folgte bei Fuß: Als zweiter Starter von über siebzig, musste er satte 3 ½ Stunden auf dem „heißen Stuhl“ aussitzen (erst ganz locker, am Ende doch nicht mehr ganz entspannt), bis er bei den mondialen Titelkämpfen im Wüstenemirat Katar zum Weltmeister gekürt wurde.

Mathis siegte vor Nationalmannschaftskollege Maximilian Schachmann – Teamkollege und U23-Zeitfahr-Europameister Lennard Kämna fuhr auf Rang vier. Ihm fehlten vier Sekunden zu Bronze.

 

 

Bild oben: Musste lange warten bis zum Titel - Marco Mathis locker vom Hocker...

Hier die offiziellen Pressemitteilungen des Bund Deutscher Radfahrer aus Doha/Katar:

 

„Marco Mathis musste lange ausharren: Der Oberschwabe, der im Sommer bei den Deutschen Bahnmeisterschaften Roger Kluge überraschte und den routinierten Profi auf den zweiten Platz in der Einerverfolgung verdrängte, startete bereits als zweiter Fahrer in die Zeitfahr-Konkurrenz der U23 und weil er Bestzeit fuhr, nahm er auf dem „heißen Stuhl“ Platz..

 

Das geschah um 12:05 Uhr.

 

Eine Stunde später erhielt er Gesellschaft von Max Schachmann, der 18 Sekunden langsamer als Mathis unterwegs war und den zweiten Platz einnahm. Gemeinsam  brüteten sie unter der Wüstensonne von Katar. Schachmann, amtierender Deutscher U23-Meister im Kampf gegen die Uhr, musste unterwegs eine Schrecksekunde überstehen, als der vor ihm fahrende Belgier Senne Leysen in einer Rechtskurve stürzte und Schachmann heftig abbremsen musste, um nicht über den Belgier zu fallen. Das kostete Sekunden. Aber schneller als Mathis wäre er ohne diesen Zwischenfall nicht gewesen. So gab es dann endlich um 15.50 Uhr Ortszeit Gold und Silber für Mathis und Schachmann, der bereits 2015 in Richmond Vize-Weltmeister geworden war.

 

Seine überraschende optimal Chance genutzt

Marco Mathis stammt aus Tettnang unweit des Bodensees, lebt heute in Meckenbeuren in Oberschwaben und ist ein exzellenter Zeitfahrer und Bahnspezialist. Der 22-Jährige ist auch amtierender Deutscher Meister im Mannschaftszeitfahren auf der Straße und in der Mannschaftsverfolgung auf der Bahn mit seinem rad-net ROSE-Team.

Seinen Startplatz für die Weltmeisterschaft in Doha bekam der DM-Dritte im Einzelzeitfahren aber nur, weil Lennard Kämna als amtierender Europameister ein persönliches Startrecht erhielt und deshalb drei deutsche Fahrer in den Zeitfahr-Wettbewerb gehen durften. Und Mathis nutzte seine Chance, hängte alle ab und wurde Weltmeister!

„Wahnsinn! Was für eine Leistung. Deutschland ist und bleibt eine Zeitfahrer-Nation. Alle Drei sind phantastisch gefahren“, lobte BDR-Vize-Präsident Udo Sprenger.

 

Torte angeschnitten - Feier verlegt

 

Am Tag nach seinem WM-Triumph erschien Marco Mathis pünktlich um 8.30 Uhr zum Frühstück, um anschließend mit seinen Teamkollegen aus der U23-Nationalmannschaft zur Trainingsfahrt aufzubrechen. Die große Feier muss verschoben werden, denn am Donnerstag, 13.10.16, wartet das WM-Straßenrennen über 166 angesetzte Kilometer auf den 22-Jährigen. Dort will er seinem Freund und Zimmerkollegen Pascal Ackermann zur Medaille verhelfen.

Der WM-Erfolg des Oberschwaben hat die ohnehin gute Stimmung im Team noch verbessert. Abends gab es im Mannschaftshotel des BDR eine kleine Feierstunde. BDR-Koch Eros hatte wieder eine seiner wunderbaren Siegertorten gebacken, die er in den letzten Jahren jedem Goldmedaillengewinner des BDR zauberte.

 

Und Marco Mathis freute sich besonders, die Torte mit seinen Eltern anschneiden zu dürfen. Sie saßen beim WM-Triumph ihres Sohnes noch im Flugzeug und verpassten die Goldfahrt des Sohnes.„Ein Glück, mein Vater wäre gestorben vor Aufregung“, meinte Mathis.... (Die späte WM-Nominierung ließ eine frühere Anreise der Familie nicht zu).

 

Jetzt hofft Mathis auf einen Profivertrag

Für Marco Mathis kam der Erfolg genau zum richtigen Zeitpunkt. Denn der 22-Jährige hofft nun auf einen Vertrag in einem WorldTour-Team.

Max Schachmann, der als Silbermedaillengewinner bei der Siegerehrung auf Eddy Merckx traf, bat daraufhin den belgischen Radstar, doch mal für Mathis die Augen offen zu halten.

„Ich warte jetzt mal ab, und hoffe, dass sich etwas ergibt. Ich will jetzt nicht auf die Schnelle einen Manager anheuern,“ sagt Mathis, denn bei seinem bisherigen Arbeitgeber, dem rad-net ROSE-Team und mit der Bundeswehr ist er erst einmal abgesichert.

 

Für Mathis kam der WM-Triumph in Doha überraschend.

 

„Ich wusste, dass ich schnell fahren kann, aber dass es für den Sieg reicht, das hätte ich mir nicht mal erträumt“, sagte er am Morgen nach seinem großen Triumph. „Ich bin Bundestrainer Ralf Grabsch dankbar, für die Chance, die er mir gab und ich wollte zeigen, dass es gerechtfertigt war, mich zu nominieren.“

Und das tat er vom ersten Kilometer. An allen Zwischenzeiten hatte er die Bestzeit. Nach 28,9 Kilometer stoppten die Uhren bei 34:08.098 Minuten. Und alle 71 Fahrer, die folgten, fuhren langsamer als der Deutsche.

Mathis ist auch auf der Bahn zu Hause, war in diesem Jahr deutscher Meister in der Einerverfolgung und mit seinem Team rad-net ROSE in der Mannschaftsverfolgung. Mit ihnen gewann er auch den Titel im Mannschaftszeitfahren auf der Straße.

Und die Straße, die mag er doch ein bißchen mehr als die Bahn, vor allem das Einzelzeitfahren. „Du kämpfst gegen deinen inneren Schweinehund und am Ende bist du allein für deinen Erfolg verantwortlich,“ erklärt er, warum er diesen einsamen Kampf gegen die Uhr so liebt. Und Tony Martin, der ihm in Doha zum WM-Sieg herzlich gratulierte, ist ein Vorbild. „Er zeigt, was Perfektion in diesem Sport ist, von der Vorbereitung bis zum Wettkampf,“ sagt Mathis und drückt dem dreimaligen Weltmeister die Daumen, wenn er im Eliterennen auf Medaillenjagd geht.

Sekunden verloren und die nicht wieder aufholen können.“....“

 

Marco Mathis denkt im Triumph auch an seine Nachwuchstrainer

An Tag eins nach dem WM-Gold - aufgewacht mit dem obligatorischen Dauerlächeln, das sich nach einem solchen Erfolg automatisch einstellt und auch Tage danach kaum weichen wird - findet der bescheidene 22-Jährige auch Worte für seine ehemaligen Nachwuchstrainer im Verein TV Kressbronn und beim WRSV: „Zum Teil haben ja auch sie irgendwie zu diesem Erfolg beigetragen hat da sie mich immer unterstützt haben. Bodo Kriegs und Herr Berger haben mein Potenzial immer gesehen und mich unterstützt . Mich freut es sehr, dass ich eine Goldmedaille nach Württemberg geholt habe.“

 

 

Insgesamt drei Fahrer/innen aus dem WRSV-Land bei der ersten WM im Nahen Osten

Auf der künstlichen Insel The Pearl: die Radsport-Perlen Franzi Brauße, Marco Mathis, Lilli Lippert

Schnelle Franzi auf „Ersatzrad“ zu Platz sechs

 

Nur um 13 Sekunden verpasste Juniorennationalfahrerin Franziska Brauße (TSV Betzingen/ Team Mangertseder-WRSV) die WM- Bronzemedaille und damit das Podest im heißen Wüstenstaat. Dabei war sie auf den 13,7 tellerflachen Kilometern mit einem Ersatzrad unterwegs, auf dem sie sich aber absolut wohlgefühlt hatte . „Also das Problem war, dass mein Zeitfahrrad nicht die Freigabe und den Aufkleber der strengen UCI-Kommissäre bekam. Dann haben wir nochmal versucht mein Rad durch die technische Abnahme zu bekommen, hatten aber das Canyon schon auf mich eingestellt und da bin ich dann mit dem Ersatzrad gefahren“, ließ sie sich nicht beeindrucken und blieb hochkonzentriert.

 

Ein Paradoxon - mit Eisweste zum Warmfahren

 

„Also es ist schon etwas anderes in Doha zu fahren, natürlich auch ,weil es eine WM ist! Die Vorbereitung läuft hier ganz anders ab, da man sich mit Eisweste warm fährt und vor dem Start noch Eis in den Anzug bekommt“, erklärt Franzi Brauße, die zu Hause im Schwäbischen auch mal zur Vorbereitung auf die Hitze von Doha in der Sauna trainierte.

So gewappnet fuhr auch sie bei ihrem famosen Ritt Vollgas. „Ich konnte relativ entspannt ins Rennen starten, weil ich halt nicht als Favoritin der Deutschen galt. Das war, glaub ich, der ausschlaggebende Punkt! Während des Rennens habe ich die Hitze gar nicht richtig gemerkt, weil ich so konzentriert war" erinnert sich Franzi Brauße.

 

Mordsmäßig glücklich

"Ich konnte meine Platzierung lange gar nicht richtig glauben. Also eigentlich sagt man das ja eher bei einem Sieg oder Podestplatz, aber bin echt megaglücklich mit dem sechsten Platz“, sprudelt es aus der Juniorenfahrerin heraus, die nächste Saison in die Frauenklasse wechseln wird.

Auch im Interview mit dem Bund Deutscher Radfahrer zeigte sie sich im Ziel schon recht locker: „Dafür, dass ich das nicht extra trainiert habe, lief es sehr gut. Ich wollte unter die Top 15 fahren, jetzt habe ich es in die Top-Ten geschafft und bin megazufrieden. Ich hätte mir dieses WM-Zeitfahren nicht besser vorstellen können“. (Brauße ist Deutsche Meisterin in der Mannschaftsverfolgung und im Punktefahren wurde im September beim eher bergigen Einzelzeitfahren der Europameisterschaften im französischen Plumelec Zwanzigste) „Dieses Zeitfahren hier in Doha kam mir mit seinem flachen Kurs mehr entgegen“,erklärte sie im BDR-Interview.


Teamkollegin Christa Riffel (RSV Oberhausen) wurde in Doha 16 in der Jagd nach der schnellsten Zeit, während sich die Niederländerin Karlijn Swinkels über den Weltmeisterschaftstitel freuen konnte.

 

 

Bild oben /von Christa Riffel: Franzi, Lilli und Christa gehen mit bester Laune ins Straßenrennen

Den Druck in den Beinen für's Straßenrennen konservieren

Am Freitag, 14.Oktober, steht nun das Straßenrennen der Juniorinnen über 74,5 Kilometer an. Mit dem sechsten EZF-WM-Platz in Kopf und Beinen geht sie ihren zweiten Weltmeisterschaftseinsatz im Emirat gelöst an. „Nach dem Zeitfahren weiß ich, dass ich Druck habe und ich muss halt nur schauen wie ich das im Straßenrennen umsetzten kann“, ist die 17-Jährige (die ebenso wie die frischgebackene Straßen-Europameisterin der U19, Liane Lippert (Seerose Friedrichshafen/Team Mangertseder-WRSV) unter den WRSV-Honorar-Trainern Patrick Banfi und Jürgen Bubeck schon viele nationale Schüler-, Jugend-und Juniorinnenerfolge feiern konnte) zuversichtlich, sich und ihre BDR-Teamkolleginnen in gute Positionen fahren zu können.

 

Prognose von Liane Lippert

Eine verhaltene Wettkampfprognose liefert vorab Lilli Lippert: „Hitze und heftige Wüstenwinde werden ein Selektionskriterium sein. Die Entscheidung um die Medaillenränge wird wohl erst im Massensprint fallen. Es werden die Nationalteams mit den Rundstreckenspezialistinnen aus Holland, Italien und Frankreich punkten. Aber auch Nicht-Europäische Nationen wie die USA, Australien und Neuseeland sind ganz stark aufgestellt. Mir persönlich liegt das flache, verwinkelte Streckenprofil überhaupt nicht. Ich bin zwar eine Hitzefahrerin, aber wie lange man sich bei 40 Grad und starkem Wind im Hochleistungsbereich bewegen kann ist für mich nicht abschätzbar. Unser Team ist jedoch glänzend aufgestellt. Mit dem sechsten Platz im Einzelzeitfahren hat meine Freundin Franzi Brauße bereits einen ganz starken Pflock eingeschlagen. Wir hoffen ganz zuversichtlich, eine Fahrerin in die Top Ten zu bringen!“

 

Radsportbekleidung ist Berufskleidung

Übrigens: Einen Verhaltenskatalog, zum Beispiel wie man sich im Emirat Katar kleiden sollte, gab es für die jungen Fahrerinnen nicht. „Im Hotel ziehen wir uns auch weiterhin freizeitmäßig“ an. aber verlassen dieses nicht in kurzer Hose, weil man da schon komisch angeschaut wird.“, hakt Franzi Brauße auch diesen Punkt locker ab. Das gilt natürlich nicht für ihre geliebte und aktuell relevante „Berufskleidung“.

 

Text: uhu/BDR

Fotos:Eurosport-Wohnzimmerbilder/BDR/Riffel/Brauße.

zum Titel-Foto/über BDR: Marco Mathis (r) und Max Schachmann freuen sich über die Medaillen in Doha.

Unsere Premiumpartner
AOK Logo mit Unterzeile RGB

logo PLCO bikeparts and more wortmarke blue

Unsere Partner

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Sie finden uns auch auf       glyph-logo_May2016.png       f_logo_RGB-Black_58.png