Karl-Heinz Nagl vom Württembergischen Radsportverband zeigt bei einem Fahrsicherheitskurs in Weinstadt, worauf es ankommt.

Weinstadt.

Sicher auf der Straße mit dem Pedelec: Wie das geht, hat Karl-Heinz Nagl, Vizepräsident Breitensport beim Württembergischen Radsportverband, einer Gruppe von Pedelec-Piloten im Rahmen der Aktion "Radspaß - sicher E-biken" nahegebracht. Organisiert wurde der vierstündige Fahrsicherheitskurs vom Stadtseniorenrat in Kooperation mit dem WRSV und dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC). „Das Wichtigste ist, dass der Fahrer weiß, worauf er achten muss“, sagt Karl-Heinz Nagl.

Anschub des E-Bikes beim Anfahren hat auch seine Tücken

Bevor der erste Meter zurückgelegt wird, übt Nagl das Auf- und Absteigen. Das sei unabdingbar, um das eigene Fahrvermögen richtig einschätzen zu können. Der „Rückenwind“ der E-Batterie erleichtert zwar das Bergauffahren, doch der „Anschub“ habe auch seine Tücken. „Wer mit einer zu großen Unterstützungsleistung startet, riskiert, dass ihm Fahrrad unter den Beinen davonfährt.“ Teilnehmende bekommen im Kurs ein Gefühl für die elektronische Unterstützung und lernen, die einsetzende elektronische Hilfe des Pedelecs richtig und gefahrlos zu nutzen.

Geschwindigkeit und Bremsverhalten werden falsch eingeschätzt

Das Rollen schult die Balance und die Bewegungsfähigkeit auf dem Fahrrad. Dabei stößt sich der Fahrer mit dem rechten Fuß ab und fährt mit dem anderen Fuß auf dem linken Pedal an - und umgekehrt. Fast noch wichtiger als das Fahren sei das rechtzeitige und angemessene Bremsen. Immer wieder werden Geschwindigkeiten und Bremsverhalten falsch eingeschätzt. Beim Bremsen sollten Pedelecfahrer Vorderrad- und Hinterradbremse betätigen. Vielen sei die Vorderradbremse nicht geläufig. Deren Einsatz gilt es zu lernen.

Richtungsänderungen gehören zum Radalltag. Es ist nach Auskunft Nagels wichtig, in unterschiedlichsten Situationen im Straßenverkehr und bei unterschiedlichen Fahrgeschwindigkeiten kompetent wenden, lenken und abbiegen zu können. Teilnehmende lernen den Schulterblick und das Abbiege-Zeichen mit dem ausgestreckten linken und rechten Arm. Regelmäßges Üben minimieren oder beseitige motorische Schwierigkeiten.

In den Kursen bereitet Karl-Heinz Nagl erfahrene Radler und Fahranfänger auf typische Situationen im Straßenverkehr vor. Dabei bläut er seinen „Schülern“ eine vorausschauende Fahrweise ein. „Immer mitberücksichtigen, dass auch der entgegenkommende Autofahrer die Geschwindigkeit von Pedelecs oft falsch und zu langsam einschätzt.“ Für den Radfahrer heiße das: In Kurven nicht nur mit dem Tunnelblick geradeaus vor sich auf die Straße schauen, sondern schon früh den Kurvenausgang im Blick haben. Nächster Tipp: Mal wieder sein Wissen über Verkehrsrecht und Verkehrsverhalten auffrischen und sich die wichtigsten Verkehrsregeln für den Radalltag in Erinnerung rufen.

Die meisten Pedelecs verfügen über starke hydraulische Scheibenbremsen. Die Beläge können abgenutzt sein. „Viele denken sich nicht viel dabei, wenn die Bremsen quietschen.“ Während man bei der Felgenbremse am Gummi mit bloßen Augen sehen könne, ob sie abgenutzt ist, muss dies beim Pedelec eingehend überprüft werden. Hier noch weitere Dinge, die beachtet werden müssen:

Bremszug: Er muss regelmäßig gecheckt werden. Wer eine Verlängerung des Bremswegs feststellt, sollte nicht zögern. „Das Bremsvermögen sollte, abhängig vom Tempo, ungefähr auf der Hälfte des Hebelwegs spürbar sein“, gibt Karl-Heinz Nagel einen Richtwert an.

Bremsleistung: Wichtig sei es, die eigene Bremsleistung und Reaktionszeit zu kennen. Als Faustformel gilt: „Geschwindigkeit geteilt durch zehn mal drei“ zeigt den Reaktionsweg an, basierend auf der Reaktionszeit von einer Sekunde. Die Faustformel zur Berechnung des Bremswegs unter Idealbedingungen ist „Geschwindigkeit geteilt durch zehn mal Geschwindigkeit geteilt durch zehn“. Wer 20 Stundenkilometer fährt, hat einen Bremsweg von vier Metern (2 x 2 = 4 Meter), bei 30 Stundenkilometern erhöht er sich auf neun Meter (3 x 3 = 9 Meter) und im 40er-Tempo beträgt der Bremsweg 16 Meter.

Sitzposition: Ideal sitzt der Fahrer, wenn er im Stand nicht den Fuß auf den Boden stellen kann, sondern sich nur mit den Zehenspitzen abstützt. „Dann fahre ich ergonomisch und bin auf längeren Strecken entspannt“, so Nagl.

Rahmengröße: Ein Test, den jeder einfach ausführen kann: Das Pedal nach unten stellen, mit der Ferse darauf steigen und auf das Fahrrad sitzen. Ist das Bein fast druchgestreckt, passt der Rahmen. „Wichtig ist, dass die Sitzposition stimmt und dass die Ergonomie des Fahrrads zur Person passt.“ Eventuell müsse in Kauf genommen werden, beim Anhalten vom Sattel herunterzugehen.

Beleuchtung: Jetzt im Herbst und Winter sollte regelmäßig nach der Beleuchtung geschaut werden.

Reifen: Der Luftdruck eines Reifens ist abhängig von der Bereifung und bei Tourenrädern anders als etwa bei Mountainbikes. Auf jedem Reifen ist am äußeren Reifenrand eine Zahl, die angibt, zwischen welchen Werten der Reifendruck bei diesem Fahrrad sein sollte.

Die zunehmende Beliebtheit der E-Bikes hängt mit den coronabedingten Reisebeschränkungen zusammen. Seit aber immer mehr Leute darauf unterwegs sind, steigt das Unfall-und Verletzungsrisiko. Das belegen Zahlen des Statistischen Bundesamts. Demnach sind 2020 mehr Menschen mit einem E-Bike im Straßenverkehr tödlich verunglückt als je zuvor.

Artikel aus der Waiblinger Kreiszeitung vom 13.09.2021

 

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